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»Verletzung der Biowaffen-Konvention«

»Die US-Armee hat eine neue Granate entwickelt und sie sich unter anderem für den Einsatz von biologischen Waffen patentieren lassen. Das ist eine klare Verletzung der Biowaffen-Konvention, die ausdrücklich und ausnahmslos die Entwicklung von Methoden für den Einsatz biologischer Waffen verbietet. (…)

Die Granate ist ein weiterer Hinweis auf verbotene B- und C-Waffenprojekte in den USA. Sie steht in einer Reihe mit dem Programm zur Entwicklung nicht-tödlicher Chemiewaffen in den USA, das im letzten September vom Sunshine Project aufgedeckt wurde, mit Forschungen der US-Militärs an Material zerstörenden Mikroorganismen sowie mit einigen äußerst fragwürdigen Projekten der amerikanischen Abwehrforschung, die einen starken offensiven Charakter haben.«

aus einer Pressemitteilung der deutsch-amerikanischen Initiative Sunshine Project vom 8. Mai 2003. Auszüge aus dem US Patent Nr. 6,523,478, das am 25. Februar 2003 für die neue Granate erteilt wurde, findet man auf der Homepage der Initiative



JAN VAN AKEN (Hamburg), Zellbiologe und Mitarbeiter der deutsch-amerikanischen Initiative Sunshine Project, die über biologische Waffen informiert und forscht

Für offensiven Einsatz geeignet

  • Die Bundeswehr forscht mit gentechnisch resistent gemachten Krankheitserregern – zu welchem Zweck?

aus: BIOSKOP Nr. 22, Juni 2003, Seite 3

Die Bundeswehr arbeitet an einem Forschungsprojekt mit Krankheitserregern, die gentechnisch gegen Antibiotika resistent gemacht wurden. Dies ist brisant. Denn durch den gentechnischen Eingriff eignen sich die verwendeten Hasenpest-Bakterien besser für einen offensiven Waffeneinsatz. Zwar befällt der Erreger der Hasenpest (Francisella tularensis) natürlicherweise Nagetiere. Er kann aber auch Menschen infizieren und wurde in der Vergangenheit bereits als biologische Waffe entwickelt.

Mit Schreiben vom 20. März 2003 informierte Staatssekretär Walter Kolbow (SPD) den Verteidigungsausschuss des Bundestages über insgesamt 26 Forschungsprojekte, die aus dem Verteidigungshaushalt finanziert und bei denen gentechnische Arbeitsmethoden eingesetzt werden. Aus diesem bislang unveröffentlichten Bericht geht hervor, dass die Bundeswehr auch an dem umstrittenen Hasenpest-Projekt festhält.

  • Gefährliche Signale

Die Hasenpest-Bakterien seien, so der Bericht, aus technischen Gründen gentechnisch mit einer Resistenz gegen die Antibiotika Tetrazyklin und Chloramphenicol ausgestattet worden. Die Bakterien werden in einem Projekt mit dem Titel »Diagnostik, Immunopathogenese, Prophylaxe und Epidemiologie der Tularämie« eingesetzt; geforscht wird im Institut für Mikrobiologie der Sanitätsakademie der Bundeswehr in München.

Gene für Antibiotikaresistenzen werden in der Gentechnologie sehr oft verwendet. Mittlerweile können Gentechniker ihre Ziele aber auch mit anderen Methoden erreichen. Sie hätten es also gar nicht nötig, einen typischen Biowaffen-Stoff wie die Hasenpest-Bakterien mit erhöhten offensiven Fähigkeiten auszustatten.

Die Bundeswehr behauptet, das Hasenpest-Projekt diene rein defensiven Zwecken. Das mag so sein. Doch offensichtlich ist auch: Die Bundeswehr ignoriert vollkommen das Problem der zweischneidigen Anwendbarkeit dieser genveränderten Bakterien!

Das umstrittene Projekt signalisiert international, dass militärische Arbeiten an genmanipulierten Organismen mit verbesserten offensiven Eigenschaften akzeptabel seien. Damit werden Bemühungen zur biologischen Rüstungskontrolle nachhaltig beschädigt. Beispiel USA: Dort arbeiten Bürgerinitiativen gerade intensiv daran, die gefährlichen Exzesse der US-amerikanischen »Abwehrforschung« einzuschränken. Solchem Engagement könnte das Hasenpest-Projekt der Bundeswehr in den Rücken fallen, weil es zum Vorwand genommen werden kann, auch zwielichtige und gefährliche Forschungsprogramme in anderen Staaten politisch zu legitimieren.

  • Lückenhafte Information

Außerdem ist die Information des Verteidigungsministeriums unvollständig – und damit nicht gerade das, was man im Fall des Irak eine »Full, Final and Complete Disclosure« nennen würde, als eine vollständige Offenlegung der Biowaffenarsenale und -forschung gefordert und mit diesem Ziel sogar ein Krieg legitimiert wurde. Mindestens ein gentechnisches Projekt der Bundeswehr wurde nämlich nicht offiziell gemeldet: Die Entwicklung eines gentechnisch veränderten Dengue-Impfstoffes fehlt im aktuellen Bericht, obwohl dieses Projekt auf einer kürzlich erst aktualisierten Internetseite des Sanitätsdienstes der Bundeswehr aufgeführt wird.

Die rot-grüne Regierung, die sich auf internationalem Parkett für strenge Regelungen zur Kontrolle biologischer Waffen einsetzt, nimmt für die eigene Biowaffen-Forschung offensichtlich andere Standards in Anspruch.

Fazit: Die rot-grüne Regierung, die sich auf internationalem Parkett für strenge Regelungen zur Kontrolle biologischer Waffen einsetzt, nimmt für die eigene Biowaffen-Forschung offensichtlich andere Standards in Anspruch. Will sie glaubwürdig bleiben, muss sie das Hasenpest-Projekt sofort stoppen und sich für strenge internationale Standards zur Biowaffen-Abwehrforschung einsetzen, die zwielichtige Arbeiten im Graubereich zwischen offensiver und defensiver Forschung verbieten. Jegliche militärische oder militärisch finanzierte Forschung an gentechnisch veränderten Organismen mit verbesserten offensiven Eigenschaften muss weltweit verboten werden – von Berlin bis Boston bis Bagdad.

© Jan van Aken, 2003
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