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»Von Beginn an kenntlich machen«

Der Anspruch klingt gut: »Wirksame Maßstäbe für transparentes und ethisch korrektes Verhalten« setzen will der Verein »Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie« (FSA). Mitglieder sind fast alle großen Pharmafirmen hierzulande, die sich auch einen Kodex zur Zusammenarbeit mit Patientenorganisationen gegeben haben. Die Regeln gelten seit Oktober 2008 (Siehe BIOSKOP Nr. 46), u.a. verlangen sie, dass FSA-Mitglieder spätestens am 31. März jeden Jahres eine Liste aller von ihnen geförderten Selbsthilfegruppen publizieren müssen.

Wie die »Unterrichtung der Öffentlichkeit« aussehen soll, gibt § 15 des Kodex vor. Wir dokumentieren diesen Paragraphen auszugsweise:

»(2) Die Mitgliedsunternehmen verpflichten sich, über die Summe der Geld- und Sachzuwendungen und der gezahlten erheblichen Leistungsentgelte pro Kalenderjahr und Patientenorganisation zu berichten. Der Gegenstand der Zuwendungen oder der vertraglichen Leistungen ist hinreichend deutlich zu beschreiben. […]

(3) Die Mitgliedsunternehmen müssen darauf hinwirken, dass ihre Unterstützung von Organisationen der Patientenselbsthilfe durch diese Organisationen von Beginn an gegenüber der Öffentlichkeit kenntlich gemacht wird.«



KLAUS-PETER GÖRLITZER, Journalist und redaktionell verantwortlich für BIOSKOP

Mosaiksteine für mehr Transparenz

  • Viele Listen und eine Datenbank zum Pharmasponsoring

aus: BIOSKOP Nr. 54, Juni 2011, Seite 3

Einmal im Jahr veröffentlichen die großen Pharmaunternehmen, welche PatientInnenorganisationen sie finanziell unterstützen. Der Informationsgehalt der Übersichten ist durchaus unterschiedlich. Und wie offenherzig sind die Geförderten?

Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) hat eine Kommunikationsgeschäftsführerin, am 11. April teilte sie Folgendes mit: »Beim Geld«, so Susan E. Knoll, »fängt die Transparenz an! Deshalb wollen wir es jedem Interessierten leicht machen, sich über finanzielle Ströme zwischen Industrie und Patientenorganisationen zu informieren.« Helfen soll eine neue Übersicht auf der vfa-Homepage. Aufgelistet sind dort 32 Pharmaunternehmen. Klickt man auf den Namen einer Firma, erscheinen auf dem Computerbildschirm Informationen über finanzielle Zuwendungen an PatientInnenorganisationen.

Ab 2009 hatten sich die forschenden Pharmafirmen in einem Kodex zu mehr Transparenz verpflichtet (Siehe BIOSKOP Nr. 46). Klar ist, dass die an Patientenorganisationen gezahlten Gelder einmal im Jahr, Stichtag 31. März, publik gemacht werden müssen. Aber der Kodex lässt offen, wie detailliert die »Unterrichtung der Öffentlichkeit« zu erfolgen hat.

  • Unterschiedlich informativ

So überrascht es nicht wirklich, dass die Angaben auf den firmeneigenen Internetseiten unterschiedlich informativ ausfallen. Von Pharmariesen wie Sanofi Aventis oder Takeda erfährt man lediglich, was sie mindestens angeben müssen. Aber wie informiert ist man über den Grund der Zusammenarbeit ungleicher Partner, nachdem man zum Beispiel gelesen hat, dass Sanofi im vorigen Jahr 48.750 Euro an die Deutsche Gesellschaft für Muskelerkrankte überwiesen habe? Oder dass Takeda dem Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe 30.000 Euro »nicht zweckgebunden« gespendet habe?

Dass es auch aussagekräftiger geht, macht GlaxoSmithKline (GSK) wohl am besten vor. Das Unternehmen gibt auch an, welche Beträge es wofür ausgegeben hat und seit wann kooperiert wird. Beispiel »Das Lebenshaus«: 2010 erhielt der Selbsthilfeverein, in dem sich KrebspatientInnen, Angehörige und FachmedizinerInnen organisiert haben, von GSK insgesamt 15.947 Euro. Verwendet worden sei das Geld für die Beratung von Betroffenen und Angehörigen, die Durchführung von fünf Nierenkrebs-Foren sowie das Erstellen mehrerer Publikationen. Zudem erklärt GSK, dass man seit 2010 mit Lebenshaus zusammenarbeite und dass die zugewendeten 15.947 Euro »ca. 6 Prozent des gesamten Budgets der Organisation« ausmachten.

  • »Transparenzdatenbank«

Klickt man die Website von »Lebenshaus« an, liest man, dass der Verein gemeinnützig sei und seine Arbeit unter anderem durch Privat- und Firmenspenden sowie Sponsoring finanziere. Wie viele Euros von wem fließen, steht dort allerdings nicht. Dass das »Lebenshaus« weitere potente Förderer hat, erfährt indes, wer auf den Internetseiten einzelner Firmen wie Pfizer oder Novartis gezielt danach sucht.

Bequemer noch geht es mit Hilfe eines Gratis-Service, den neuerdings ein »Institut für Qualität und Transparenz von Gesundheitsinformationen« (IQTG) online bereitstellt. Das IQTG, betrieben vom Medizinjournalisten Christian Leopold und vom Medizininformatiker Michael Hägele, hat eine »Transparenzdatenbank« gestartet, die Angaben von Pharmafirmen zimelich übersichtlich aufbereitet. Gibt man dort den Begriff »Lebenshaus« ein, erfährt man, dass dieser Selbsthilfeverein im vorigen Jahr über 200.000 Euro von Pharmafirmen bekommen habe, am großzügigsten sei Novartis mit 109.343 Euro gewesen. Möchte man wissen, welche Firma 2010 das meiste Geld an Patientenorganisationen verteilt hat, wird man beim IQTG ebenfalls fündig. Vorn liege Roche mit 737.000 Euro, gefolgt von Novartis (671.000 €) und Pfizer (485.000 €).

  • Kooperationsverträge veröffentlichen!

Dass sich in punkto Sponsoring-Transparenz zumindest bei den großen Pharmafirmen etwas bewegt hat, ist zu begrüßen, und womöglich werden sich im Wettbewerb ums beste Image bald weitere Firmen an der relativen Offenheit von GlaxoSmithKline orientieren. Mindestens ebenso wichtig ist allerdings die Frage: Wie mitteilsam sind eigentlich die Selbsthilfeorganisationen selbst? Dies wäre noch genau zu untersuchen. Bei einer ersten Stichprobe auf den Websites diverser PatientInnenvereine fanden wir jedenfalls kaum Angaben zu Beträgen und Sponsoren.

Klar ist allerdings auch: Die Offenlegung von Geldflüssen allein reicht nicht. Wie richtig gute Transparenz ausgestaltet sein könnte, hatte die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft bereits 2008 skizziert: Notwendig sei auch ein öffentliches Register, in dem sämtliche Kooperationsverträge zwischen Pharmafirmen und Patientenorganisationen zentral dokumentiert sind.

© Klaus-Peter Görlitzer, 2011
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