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KLAUS-PETER GÖRLITZER, Journalist und redaktionell verantwortlich für BIOSKOP

Exklusive Mail an ausgewählte Politiker

  • DSO nennt Vorwürfe gegen ihren Vorstand »haltlos« – Bericht der Wirtschaftsprüfer wird bisher aber unter Verschluss gehalten

VORABDRUCK aus: BIOSKOP Nr. 57 (erscheint Mitte März 2012)

Am 23. Februar, eine Woche vor dem Verhandlungspoker einer interfraktionellen Arbeitsgruppe zur so genannten »Entscheidungslösung«, schickte das Vorstandssekretariat der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) ein E-Mail-Rundschreiben gen Berlin – AdressatInnen: Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sowie ausgewählte Bundestagsabgeordnete, darunter die Fraktionschefs Volker Kauder (CDU/CSU) und Frank-Walter Steinmeier (SPD). Was der Absenderin am Herzen lag, stand gleich oben in der Betreffzeile: »Anonyme Vorwürfe gegen den DSO-Vorstand sind haltlos«.

In der Kritik stehen die DSO-Chefs Prof. Günter Kirste und Dr. Thomas Beck spätestens seit dem 7. Oktober 2011. An jenem Tag hatten sich angebliche »DSO-Mitarbeiter« anonym an ausgewählte ParlamentarierInnen gewandt. Ihre Brand-Mail, die auf Umwegen auch manche JournalistInnen erreichte, attestierte dem DSO-Vorstand unter anderem »Vetternwirtschaft und Selbstbedienungsmentalität« zu Lasten der Krankenkassen. (HINTERGRÜNDE zu diesen und anderen fragwürdigen Vorgängen lesen Sie in unserem DOSSIER »DSO endlich auf dem Prüfstand!«)

Nach ziemlich kritischer Berichterstattung einiger Medien sah sich der von Professor Wolf Otto Bechstein angeführte DSO-Stiftungsrat veranlasst, »eine Überprüfung der Vorwürfe« durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO AG in Auftrag zu geben. »Die Ergebnisse der forensischen Sonderuntersuchung«, liest man nun in der exklusiv für ausgewählte PolitikerInnen bestimmten DSO-Mail vom 23. Februar 2012, seien dem DSO-Stiftungsrat am 8. Februar durch Mitarbeiter der BDO AG vorgestellt worden. In diesem Rahmen wurde laut Mail des DSO-Vorstandssekretariats festgestellt, »dass die Prüfung einer Vielzahl von Vorwürfen gegen den Vorstand der DSO insgesamt, insbesondere aber gegen den Kaufmännischen Vorstand, kein Fehlverhalten erkennen ließ«.

Womöglich befürchten Prof. Kirste und Dr. Beck, dass recherchierende JournalistInnen – mitten in den Beratungen um das Transplantationsgesetz – ganz genau nachhaken und einschlägige Quellen sichten wollen.

Belege für diese beruhigend klingende Botschaft, inbesondere den (vollständigen) Bericht der Wirtschaftsprüfer, präsentierte die DSO den PolitikerInnen aber nicht. Und die prägnante Mail gab auch keine Antworten auf weitere, brisante Fragen, die im Oktober von den anonymen Beschwerdeführern aufgeworfen worden waren: »Warum braucht die DSO ein teures Hauptstadtbüro und stellt einen Lobbyisten für mehrere Tausend Euro am Tag an?« Oder auch: »Wieso gibt es eigentlich keinen öffentlich zugänglichen Unternehmensbericht?«

Ob irgendein (Gesundheits-)Politiker es für sachdienlich hält, mal bei der DSO nachzufragen, wird die Zukunft zeigen. Merkwürdig ist, dass die DSO, die ja gern Erfolgsmeldungen kommuniziert, die Öffentlichkeit bisher gar nicht informiert hat, also keine Pressemitteilung über die Resultate der Wirtschaftsprüfer veröffentlicht hat. Womöglich befürchten Prof. Kirste und Dr. Beck, dass recherchierende JournalistInnen – mitten in den Beratungen um das Transplantationsgesetz – ganz genau nachhaken und einschlägige Quellen sichten wollen. Notwendig wäre das schon.

© Klaus-Peter Görlitzer, 2012
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