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KLAUS-PETER GÖRLITZER, Journalist und redaktionell verantwortlich für BIOSKOP

Erfassungsphantasien

  • Gesundheitsökonomen empfehlen Register für bestimmte Patienten

aus: BIOSKOP Nr. 47, September 2009, Seite 7

Menschen mit seltenen Krankheiten sollen künftig gezielt erfasst werden. Den »systematischen« Auf- und Ausbau entsprechender Patientenregister empfehlen Gesundheitsökonomen in einer Studie für das Bundesgesundheitsministerium (BMG)

»Informationen über die richtige Diagnose und Therapie gibt es in vielen Fällen nicht, so dass diese Krankheiten häufig erst spät erkannt werden«, sagte BMG-Chefin Ulla Schmidt (SPD), als sie die Studie am 20. August in Berlin vorstellte. Für die zukünftige Versorgung sei Forschung »von herausragender Bedeutung«, Patientenregister könnten für eine »Wissenserhöhung« sorgen, meint das BMG.

Die BMG-Berater um den Hannoveraner Professor Johann-Matthias Graf von der Schulenburg schlagen vor, »weitgehend alle Erkrankungsfälle« elektronisch zu erfassen und die Krankheitsverläufe »systematisch«, »flächendeckend« und »lebenslang« zu verfolgen. »Der grundlegende informationstechnische Ansatz zur Verbesserung der Versorgung und Forschung bei seltenen Krankheiten ist die Zusammenführung möglichst aller Behandlungsdaten in einer (krankheitsspezifischen) zentralen Datenbank«, behaupten die Experten.

Dass sie zur Realisierung solch großspuriger Visionen die Einwilligung der Betroffenen und gesellschaftlichen Rückhalt benötigen, wissen die Experten.

Die Erfassung »aller« von einer Erkrankung Betroffenen helfe, »möglichst große Patientenkohorten« für klinische Studien zu »rekrutieren«. Geforscht werden könne nach molekulargenetischen Krankheitsursachen; zudem könnten die Registerdaten genutzt werden, um Diagnose- und Therapieverfahren zu standardisieren und zu optimieren.

Dass sie zur Realisierung solch großspuriger Visionen die Einwilligung der Betroffenen und gesellschaftlichen Rückhalt benötigen, wissen die Experten. Um »vorhandene Ängste« vor Missbrauch aufzufangen, seien klare Regeln nötig, etwa zu Besitz- und Verfügungsrechten an den Daten. Strategisch klug finden es Schulenburg und Kollegen, Repräsentanten der Kranken ins Boot der Forscher zu holen: So sollten Patientenorganisationen nicht nur an der Ausgestaltung von Registern beteiligt werden, sondern nach Empfehlung der BMG-Berater auch Zugang zu gespeicherten Daten erhalten, sofern diese zuvor anonymisiert worden seien.

© Klaus-Peter Görlitzer, 2009
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