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UPDATE: Klage eingereicht!

Im Mai 2011 hat die Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) beim Verwaltungsgericht Köln die bereits vor Monaten angekündigte Klage eingereicht. Die CBG will Einsicht erhalten in den Kooperationsvertrag, den die Kölner Universität mit der Bayer Healthcare AG geschlossen hatte. Philipp Mimkes von der CBG hält die Klage »für grundsätzlich wichtig, damit Ärzte und Pharmakologen auch künftig unabhängig forschen können«. Eine aus Steuergeldern finanzierte Einrichtung wie die Uni Köln »muss der öffentlichen Kontrolle unterliegen«, meint die CBG.

Nun ist das Verwaltungsgericht in Köln am Zug – interessiert beobachtet von Universitäten und Firmen der gesamten Republik.




KLAUS-PETER GÖRLITZER, Journalist und redaktionell verantwortlich für BIOSKOP

Klage für Transparenz

  • »Präferierte Pharmapartnerschaft« demnächst wohl vor Gericht

aus: BIOSKOP Nr. 51, September 2010, Seiten 6+7

Universitäten und private Unternehmen kooperieren zunehmend. Wie viel die Öffentlichkeit über solche »Public Private Partnerships« erfahren darf, könnte ein Fall aus Köln grundsätzlich aufzeigen. Es geht um eine »präferierte Partnerschaft« bei »Entwicklung und klinischen Testung neuer Substanzen«, vereinbart zwischen der Uni Köln und dem Pharmariesen Bayer.

Problematisiert wurde die »bevorzugte Partnerschaft« zwischen der Kölner Universitätsklinik und der Bayer Healthcare AG zuerst in BIOSKOP. »Ein Modell für Deutschland?«, fragten wir im Juni 2008. Die Kooperation, die mittelfristig zu neuen Präparaten gegen Krebs, neurologische Leiden und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen soll, will sich Bayer laut eigenen Angaben pro Jahr einen »soliden sechsstelligen Betrag« kosten lassen. Details über die Zusammenarbeit wollten die ungleichen Partner allerdings nicht verraten.

Zehn Organisationen und Verbände, angeführt von der Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) hakten nach. Im November 2008 forderte die CBG die Universität Köln förmlich auf, den Kooperationsvertrag »vollständig offenzulegen«. Die Uni soll zum Beispiel erklären, wer die Verwertungsrechte an den angestrebten Arzneientwicklungen erhält. Und sie soll sagen, ob sie sich womöglich verpflichtet hat, missliebige Resulate klinischer Prüfungen zu verschweigen.

  • Weiterhin unter Verschluss

Zunächst ließ die Kölner Universitätsleitung nichts von sich hören. Ende März 2009 verweigerte sie dann schriftlich die Einsichtsnahme; sie meint, ihr Partnerschaftsvertrag mit Bayer sei eine Angelegenheit von Forschung und Lehre, wozu das Informationsfreiheitsgesetz keine Pflicht zur Auskunft vorsehe.

Die CBG gab nicht auf und schaltete die nordrhein-westfälische Datenschutzbehörde ein, die auch für Informationsfreiheit zuständig ist. Im Juni 2010, nach ausführlicher Prüfung des Falls, teilte sie der CBG dann ihre »abschließende informationsfreiheitliche Bewertung« mit: Der Kooperationsvertrag, so der Bescheid, dürfte nach »derzeitigem Erkenntnisstand offenzulegen sein«, die Universität sei entsprechend informiert worden. Allerdings, so fügten die DatenschützerInnen auch hinzu, habe die Behörde »keine Möglichkeiten, eine Offenlegung durchzusetzen«.

Und so kam es, wie es die Behörde wohl schon geahnt hatte: Das Justitiariat der Uni Köln stellte sich weiter quer; am 20. August schrieb es der CBG, dass die Uni die Rechtsauffassung des Datenschutzbeauftragten »nicht teilt« und entschlossen ist, den Kooperationsvertrag weiterhin unter Verschluss zu halten.

  • Präzedenzfall in Deutschland

Die CBG will nun tun, was sie in dieser Situation tun kann: Klage auf Informationszugang zum Vertrag beim Verwaltungsgericht einreichen. Nach Auffassung der CBG handelt es sich bei um einen Präzedenzfall, der grundsätzlich alle Public-Private-Partnership-Projekte in Deutschland betreffe; auch der NRW-Datenschutzbehörde ist bisher kein derartiger Rechtsstreit im Bundesgebiet bekannt geworden. »Die Allgemeinheit kann solche Kooperationen nur bewerten, wenn alle relevanten Informationen veröffentlicht werden«, sagt Philipp Mimkes von der CBG. »Das Argument, wonach Geschäftsgeheimnisse von einer Offenlegung betroffen sind, darf nicht länger dafür herhalten, dass der Einsatz öffentlicher Mittel im Dunkeln bleibt.«

Rückendeckung erhält die CBG inzwischen auch von der Ärzteorganisation IPPNW. In einem offenen Brief an den Rektor der Universität Köln kritisiert die IPPNW, die Geheimhaltung der Vertragsbedingungen »gefährde die Freiheit der Forschung«. IPPNW-Vorstandsmitglied Dieter Lehmkuhl beklagt den enormen »Einfluss der pharmazeutischen Industrie auf die Medizin und die medizinische Forschung«.

Lehmkuhl verweist auch auf eine kürzlich veröffentlichte Studie der Arzneimittelkommission der Bundesärztekammer und der Universitätsmedizin Mainz, in der gefordert werde, »dass ÄrztInnen wirtschaftlichen Eigeninteressen der Pharmakonzerne entgegentreten« müssten.

© Klaus-Peter Görlitzer, 2010
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